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Forschung

E-Learning in der Medizin: Fehler vermeiden und Patienten schonen mit Mixed Reality

Die Ausbildung von Ärzten und Physiotherapeuten in Manueller Medizin und Therapie soll durch digitales Training auf ein neues Level gehoben werden: In dem vom BMBF geförderten Verbundprojekt „SmartHands“, forscht unter anderem das Team des Innovation Lab der imc AG daran, wie die Aus- und Weiterbildung von Physiotherapeuten und Ärzten durch den innovativen Einsatz digitaler Medien und Werkzeuge unterstützt werden kann.

Hierbei helfen sollen beispielsweise AR- oder Mixed-Reality Brillen, die Trainingseinheiten ohne echte Patienten simulieren.

03.06.2020

Physiotherapeuten und auch Ärzte brauchen ihre Hände täglich: Sie untersuchen Patienten und müssen den Körper erfühlen, um Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen zu lindern oder gar Operationen zu vermeiden. Bei der Aus- und Weiterbildung in der sogenannten „Manuellen Therapie“, heißt es neben viel Theorie auch üben, üben, üben – und zwar am realen Patienten.

Doch gerade bei Einsteigern kann es, wie überall sonst, auch hier zu Fehlern kommen. Aber nicht nur Fehler sind ein Problem, auch seltene Krankheitsbilder, fehlende Probanden oder Kontrollen stellen angehende Manualtherapeuten vor Herausforderungen. Hinzu kommt, dass haptische Fähigkeiten und therapeutische Techniken regelmäßig und individuell trainiert und verbessert werden müssen.

Ausbildung mit LMS und Blended Learning

Abhilfe schaffen soll das vom BMBF geförderte Verbundprojekt „SmartHands“, das am 1. Mai 2020 offiziell gestartet ist. Die imc unterstützt hierbei mit der technischen Umsetzung und stellt mit der imc Learning Suite eine Lehr- und Lernplattform bereit, mit der Ausbilder virtuelle Trainingseinheiten vorbereiten und in einem Blended Learning Szenario für die Lerner bereitstellen können.

Uta Schwertel, Projektverantwortliche bei imc, erklärt: „Das besondere bei unserem LMS ist, dass es uns ermöglicht, Daten über Lernaktivitäten und Interaktionen, die auch außerhalb des Systems stattfinden, zu formalisieren und über Schnittstellen an das LMS zu übertragen. Dies ist insbesondere für die Integration von innovativen Lernformaten wie Mixed-Reality Anwendungen relevant und geschieht durch speziell entwickelte Standards, wie zum Beispiel die Experience API (xAPI).“

Mixed Reality simuliert echte Patienten

Ziel des Projektes ist es, virtuelle Trainingsanwendungen zu entwickeln, mit denen Ärzte oder Physiotherapeuten in der manualmedizinischen Ausbildung Diagnoseschritte oder bestimmte Techniken zunächst auch ohne echte Patienten üben können. Mit den Trainingsanwendungen können dabei sensomotorisch-haptische und visuelle Interaktionen des Lerners simuliert werden.

 

Eine mögliche Anwendung könnte etwa so aussehen: Dem Lerner wird mittels Mixed Reality Brille ein interaktives, dreidimensionales Lernszenario als Hologramm in seine Umgebung projiziert. Die Brille erkennt die Hände des Anwenders und ermöglicht dadurch eine natürliche Interaktion mit der Projektion. So kann der Lerner im geschützten Raum und ohne echte Patienten korrekte Diagnose- und Behandlungstechniken virtuell trainieren. Die notwendigen Schritte werden visuell dargestellt, sodass sichergestellt ist, dass das Vorgehen medizinisch korrekt und interaktiv erlernt wird.

 

Ist die Anwendung in der manuellen Medizin und Therapie erfolgreich, sollen ähnliche Trainingsszenarien nach Projektende auch auf angrenzende Domänen der Gesundheitsberufe erweitert werden. Vorstellbar sind beispielsweise Anwendungen bei Ergo- oder Sporttherapeuten.

Federführend im Projekt ist das Universitätsklinikum Halle/Saale. Technische Partner sind neben imc das AWSi-Institut für digitale Produkte und das Haptik-Forschungslabor der Universität Leipzig. Den Bereich Medizin und Forschung vertreten die Partner Alice Salomon Hochschule Berlin und das Center for Cognitive Science der TU Kaiserslautern.

WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN

Mehr Informationen zum Thema Immersives Lernen oder Blended Learning finden Sie in der Artikelreihe “E-Learning Punk”.

Weitere Informationen über die imc Learning Suite und praktische Anwendungsbeispiele finden Sie in der Artikelreihe “LMS Hot Topics”.

Bundesministerium für Bildung und Forschung

Mehr zu SmartHands

Das Projekt trägt den Titel: SmartHands - Lehrplattform für smart-device basierte Digitale Medien in der manuellen Medizin und Therapie. Gefördert wird das Projekt vom BMBF im Rahmen der Richtlinie “Digitale Medien in der beruflichen Bildung in den Gesundheitsberufen (DigiMed)“. Das Projektvolumen beträgt 2,6 Millionen Euro; das Projekt hat eine dreijährige Laufzeit, die 2023 endet.

Das diesem Beitrag zugrunde liegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PG20006E gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin / beim Autor.

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Nadine Kreutz
Communications Manager
E-Learning Punk Jennifer Fritz Weiterbildung Trends
E-Learning Punk

Immersive Learning in der Corona-Krise

Jennifer Fritz erläutert, welche Potenziale gerade Virtual Reality in der Corona-Krise bietet

Schüleraustausch in den USA, Auslandssemester in China – Immersion, also das Eintauchen in ein anderes (Sprach-) Umfeld, ist das weltweit erfolgreichste und am gründlichsten erforschte (Sprach-) Lernverfahren. Auch Virtual Reality (VR) – häufig in einem Atemzug mit Augmented Reality (AR) genannt – funktioniert nach diesem Prinzip.

INFO

Während bei AR die „echte“ Realität um virtuelle Elemente ergänzt wird, tauchen wir bei VR vollständig in die virtuelle Welt ein.

Seit Beginn der Corona-Krise sind Immersion und Virtual Reality stärker zum Thema geworden. Wer hat nicht schon an Zoom- oder Skype-Meetings teilgenommen, um Social Distancing so gut es geht zu überbrücken und verbunden zu bleiben? Und doch stoßen diese Meetings an ihre Grenzen, etwa wenn es darum geht, wirklich Augenkontakt herzustellen, Einzelgespräche zu führen, in einen anderen Raum einzutauchen. Hier kann VR helfen.

 

Jennifer Fritz hat als Konzepter, Storyteller und Consultant bereits für Firmen wie die Virtual Identity AG und die imc AG gearbeitet. Ihre Leidenschaft gilt dem digitalen Lernen und Lehren. Als ehemaliges Mitglied des Ersten deutschen Fachverbands für Virtual Reality (EDFVR) weiß sie, dass die Zukunft in diesem Bereich der Virtual und Augmented Reality gehört. Seit Beginn der Corona-Krise sieht sie eine Entwicklung hin zu Social Virtual Learning.

Die Konzepterin, Storytellerin und Beraterin beobachtet: „Plötzlich gehen Dinge, die wir uns vor ein paar Wochen noch gar nicht vorstellen konnten.“

Hallo Jenny, welche Rolle spielen Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) in deinem (Arbeits)Alltag?

 Jenny: Beides sind unglaublich spannende neue Technologien, die sich gerade erst richtig entwickeln und die noch viel Raum zum Experimentieren bieten. Im Privaten nutze ich sie sehr gerne zur Unterhaltung: Zum Beispiel Wonderscope, um Geschichten in AR zu erleben, oder Beat Saber für VR Sport.

 

Auch in meinen Projekten arbeite ich, wo immer es sich anbietet, mit den Technologien. Ich glaube nämlich, dass AR und VR sowohl im Lernen als auch im Geschichtenerzählen völlig neue Möglichkeiten bieten.

 

Momentan scheuen noch viele Auftraggeber die Kosten und Technik. Aber gerade in der Corona-Krise kann speziell VR die Einsamkeit des Social Distancing überbrücken und das Präsenzgefühl bieten, das allen im Homeoffice fehlt. Das kann das tägliche Meeting in VR sein, aber auch Weiterbildung oder sogar Onboarding. Seit Wochen sitzen die Menschen im Homeoffice und es kommen stetig neue Mitarbeiter hinzu. Unternehmen, die jetzt schon ihr Onboarding-Trainings in VR umgesetzt haben, sind hier eindeutig im Vorteil.

Mit Onboarding sprichst du einen neuen, spannenden Bereich an. Weit verbreitet ist sicherlich die Aussage: VR eignet sich insbesondere zum Trainieren von Hochrisiko-Szenarien – Welche weiteren Anwendungsszenarien gibt es noch?

Jenny: VR eignet sich natürlich ideal für Gefahren-Simulationen und Prozesse mit wertvollen Rohstoffen. Aber auch wenn es gerade nicht genug Trainingsstationen gibt, machen VR-Trainings Sinn.

 

Wieder kann ich ein gutes Beispiel aus der aktuellen Corona-Krise nennen. Diese gilt sicherlich als Hochrisikosituation für medizinisches Personal. Ein neues VR-Training trainierte bereits 17.000 Mediziner und Krankenpfleger für die Covid-Pandemie. Ein Präsenztraining mit so vielen Menschen wäre gerade nicht möglich. Die meisten Krankenhäuser sind im Regelbetrieb überlastet und haben keine Kapazität für dringend notwendige Trainings. Im virtuellen Raum konnten die Trainingsteilnehmer die neue Corona-Realität einüben, ohne sich gesundheitlich in Gefahr zu begeben oder gar Patienten zu gefährden. Zudem sparte man in der virtuellen Realität die wertvolle Schutzkleidung beim Training ein. Wir haben hier also sogar alle Faktoren in einem: Ausgleich fehlender Trainingsstationen, Schonung wichtiger Rohstoffe und gefahrenloses Training einer Gefahrensituation.

 

Wir sehen quasi täglich neue mehr oder weniger sinnvolle Szenarien. Bei Hochrisikothemen und beschränkten Kapazitäten hat sich bereits bewiesen, dass Virtual Reality Training sinnvoll ist. Alles weitere wird erst die Zeit zeigen. Grade in Zeiten von Social Distancing werden wir aber sicher auch Szenarien, die normalerweise in Präsenzveranstaltungen geschult werden, in VR sehen. Zum Beispiel Gesprächsführung und Verkauf.

Du hast auch bereits die Bedenken bezüglich der Kosten angesprochen. Sind AR- und VR-Lernszenarien mit Blick auf Hardware und Content-Erstellung nicht unglaublich aufwendig? Wie entscheide ich, ob es sich wirklich lohnt?

Jenny: Durch den Markteintritt der Oculus Quest vor einigen Monaten ist nun ein Headset auf dem Markt, dass für bereits um die 400 Euro volle Beweglichkeit im virtuellen Raum bei gleichzeitiger Bewegungsfreiheit ohne PC oder Raumtracker bietet. Das spart zusätzliche Kosten für Equipment. Außerdem ist das Head Mounted Display (Anm. der Redaktion: AR Glasses) einfach zu bedienen. Damit haben wir zumindest auf der HMD-Seite eine günstige Option.

 

Bezüglich der Content-Erstellung kommt es darauf an, was die Firma möchte. 360°-Realaufnahmen bis hin zu hochkomplexen 3D Animationen – ich denke, es sollte mittlerweile für jeden Geldbeutel eine Möglichkeit dabei sein. Der Markt hat sich stabilisiert. Dennoch sollte man bedenken, dass sich ein Virtual Reality Training erst ab einer gewissen Nutzerzahl richtig lohnt. Zu Beginn eines Projekts empfiehlt es sich daher unbedingt, gemeinsam mit dem Dienstleister eine Analyse der Zielgruppe, Bedarfe und Rahmenbedingungen durchzuführen. Daraus ergibt sich dann eine Empfehlung, welches Format und welche Technik gewählt werden sollte.

Was ist bei der Konzeption von VR und AR Experiences zu bedenken? Hast du konkrete Tipps?

Jenny: Hier muss man natürlich stark unterscheiden. AR findet ja auf sehr unterschiedlichen Geräten statt – vom Smartphone über das Tablet bis zur Datenbrille. Es kommt stark drauf an, wie groß das Device ist. Man sollte stets darauf achten, dass die Bedienbarkeit – ob nun durch Gesten oder Touch – nicht zu komplex wird. Die Bedienelemente müssen einfach und übersichtlich sein. Nichts ist frustrierender als nicht zu wissen, wie man im Training vorwärtskommt. Bei beiden Technologien kann sich Sprachsteuerung und auch allgemein der großzügigere Einsatz von Audio und Audioeffekten anbieten. Je nachdem wie cineastisch das Produkt sein soll, sogar Musik.

 

Eine Weisheit aus dem „normalen” E-Learning bleibt auf jeden Fall auch bei den beiden neuen Technologien erhalten: Interaktivität fördert das Lernergebnis. Man sollte dem Lerner dementsprechend regelmäßig Anlässe geben, Dinge auszuprobieren, zu erforschen und mit den Lerninhalten und der Lernwelt zu interagieren.

 Was muss ich bei der Einführung von AR/VR beachten – zum Beispiel mit Blick auf die Zielgruppe? Je jünger und digital-affiner, umso besser?

Jenny: Ich kenne genauso viele „junge Leute“, die nicht digital-affin sind, wie „Alte”, die digital-affin sind. Für mich ist das weniger eine Frage des Alters als des Wollens. Grundsätzlich schadet es nicht, eine Eingewöhnungsphase und ein Tutorial am Anfang eines Trainings einzuplanen.

 

Allgemein gilt zudem zu beachten, dass die HMDs ein gewisses Gewicht haben und man deshalb mit einer kürzeren Lernzeit als gemeinhin rechnen sollte.

 

Und es sollte nicht nur ein einmaliges Gimmick sein, damit man hip und am Puls der Zeit ist. Wer XR-Learning einführen will, sollte sich langfristig dafür entscheiden und mit einem Profi gemeinsam herausfinden, wo die sinnvollen Lernszenarien liegen, welche Geräte genutzt werden sollten und wie man Einführung und Wartung gestaltet.

Welche Tipps hast du neben Eingewöhnungsphase und Tutorials noch, um bei den Lernern Akzeptanz für die AR/VR-Lernanwendungen zu schaffen?

Jenny: Ich glaube das gerade ganz viel von ganz allein passiert. Die Corona-Not hat erfinderisch gemacht. Google Classrooms VR erfährt zum Beispiel gerade großen Zulauf. Aber auch Freizeitaktivitäten wie Reisen wurden notgedrungen auf die VR-Brille verlegt. Viele gehen auch schon mit (Web-)VR Anwendungen ins Museum oder Theater. Plötzlich gehen Dinge, die wir uns vor ein paar Wochen noch gar nicht vorstellen konnten.

 

Bisher hat sich bei mir das spielerische Heranführen an die neue Technologie ausgezahlt. Einfach mal eine VR-Brille mitbringen, sie aufsetzen lassen, ein paar einfach Anwendungen ausprobieren. Schon sehen viele, dass die Technologie Spaß machen kann und es nichts gibt, wovor man sich fürchten muss. Auch ein Fürsprecher-Team innerhalb der Firma zu haben, das sich gut damit auskennt und Fragen beantworten kann, kann bei der Einführung helfen.

Was sind derzeitige Trends auf dem Gebiet Immersive Learning und wo wird es noch hingehen?

Jenny: Ich denke der sicherste Trend ist wahrscheinlich, dass durch die Corona-Krise ein neuer Drang zum gemeinsamen virtuellen Lernen entstanden ist. Social Learning und Virtual Reality waren schon vor der Corona-Krise auf allen Trendlisten, aber jetzt erleben wir die Entwicklung hin zu Social Virtual Learning. Hier werden wir sicher in den nächsten Monaten weitere Produkte auf dem Markt strömen sehen.

Ich glaube zudem, dass wir verstärkt eine Integration von WebVR Schnipseln in „normale” Trainings sehen werden, da man sich darüber sehr gut an den neuen Trend herantasten kann.

 

 

 

Vielen Dank Jenny für das spannende Interview!

Ansprechpartner

Seit 2014 bin ich Teil des Marketing & Communication-Teams bei der imc. Mein Herz schlägt für kreative Kampagnen, spannenden Content und digitale Innovationen. Mein Ziel ist es, das Thema Digitalisierung erlebbar zu machen – verständlich und einfach auf den Punkt. Meine Leidenschaften neben dem Beruf sind gute Bücher und Sport.

 

Über Feedback zur Reihe freue ich mich jederzeit an [email protected].

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Vanessa Klaes
Senior Event and Communication Manager